Bestenfalls ein Placebo
Kiel. "Es gibt keine Krankheitsbilder im Fachgebiet der Inneren Medizin, bei denen eine homöopathische Behandlung wissenschaftlich medizinisch indiziert ist", heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM).
Statt die Homöopathie zu fördern, sollte unser Gesundheitssystem verstärkt in die Sprechende Medizin investieren, die auf Basis der Wissenschaft steht und ohne die gute Medizin nicht möglich ist, meint Professor Dr. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel. Aufgrund einer Medienanfrage haben die DGIM und die fünf internistischen Fachgesellschaften für Infektiologie, Diabetologie, Endokrinologie, Rheumatologie sowie Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten gemeinsame Antworten zur Homöopathie formuliert. Diese sind klar skeptisch.
"Wassergedächtnis" hat keine wissenschaftliche Grundlage
"Die Wissenschaft stellt Hypothesen auf, deren Gültigkeit in Studien geprüft werden; für die in der Homöopathie aufgestellten Hypothesen konnte ein solcher Beweis bislang nicht erbracht werden", erläutert Prof. Fölsch. In hochpotenten Verdünnungen sei keinerlei Substanz der Originalmittel mehr enthalten. Wenn hier von einem "Wassergedächtnis" gesprochen werde, missachte das naturwissenschaftliche Grundlagen.
Auch für das sog. Simile-Prinzip – Gleiches mit Gleichem heilen – gebe es keinerlei belastbare wissenschaftliche Grundlage. Dagegen hätten sehr viele Studien gezeigt, dass das von Samuel Hahnemann abgelehnte Prinzip, eine Krankheit heilen zu können, indem man ihren Ursachen entgegenwirkt, zutrifft.
Nebenwirkung: Patient tritt wirksame Therapie verspätet an
Homöopathische "Arzneimittel" sind Placebos, meinen die Fachgesellschaften. Sie seien konventionellen Medikamenten weder gleichwertig noch überlegen. Wegen ihrer fehlenden Wirksamkeit komme es bei der Anwendung in der Regel auch nicht zu unmittelbaren Nebenwirkungen. Indirekte "Nebenwirkungen" könnten sich aber ergeben, wenn Patienten im Vertrauen auf die homöopathischen Mittel andere, wirksame Therapien ausschlagen oder erst verspätet antreten würden.
Die Zuwendung zur Homöopathie könne auch als ein Indiz dafür angesehen werden, dass es Patienten gibt, die einen Mangel in der wissenschaftlichen Medizin verspüren. Das sei ernst zu nehmen. Mängel müssten erkannt und beseitigt werden.
Gesetze räumen Globuli & Co. einen Sonderstatus ein
"Es gibt keine Krankheitsbilder im Fachgebiet der Inneren Medizin, bei denen eine homöopathische Behandlung wissenschaftlich medizinisch indiziert ist", stellt Prof. Fölsch fest. Allerdings gebe es Krankheitsbilder, bei denen keine spezifischen medikamentösen Therapien wirken. In solchen Fällen könne die Gabe eines nicht wirksamen, ggf. auch homöopathischen Präparats als Placebo unter Umständen sinnvoll sein.
Eine politische Entscheidung
Dass gesetzliche Krankenkassen Kosten einer homöopathischen Behandlung erstatten, sei eine politische Entscheidung. Mit der Sonderstellung der phytotherapeutischen, homöopathischen und anthroposophischen Therapieeinrichtungen im fünften Sozialgesetzbuch und im Arzneimittelgesetz werde klargestellt, dass diese Verfahren völlig anders zu betrachten sind als die wissenschaftlich geprüften und wirksamen Verfahren in der Medizin. Nur so sei es begründbar, bei den Verfahren der "Besonderen Therapieeinrichtungen" auf einen Wirksamkeitsnachweis zu verzichten.
Die DGIM hält es für problematisch, Verfahren wie die Homöopathie, Phytotherapie oder Anthroposophie grundsätzlich von der Verpflichtung zur wissenschaftlichen Überprüfung freizustellen und stattdessen eine sog. Binnenanerkennung durch Vertreter der Therapierichtung als ausreichend zu betrachten.
Presseauskunft DGIM