Bis zur Sommerpause hinzubekommen
Berlin. Wird die Politik, wie im Koalitionsvertrag verankert, noch eine Nationale Diabetesstrategie formulieren? Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Monstadt macht Hoffnung. Allerdings sei eine solche Strategie nur mit Einbindung der Ernährungseite sinnvoll. Zudem seien andere Bereiche zu berücksichtigen.
Dietrich Monstadt, selbst seit Jahren insulinpflichtig an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt, setzt sich mit Nachdruck für die Realisierung der im Koalitionsvertrag erwähnten Nationalen Diabetesstrategie ein. Zu deren Umsetzung gebe es jedoch unterschiedliche Auffassungen zwischen Gesundheitspolitikern und Politikern, die für Ernährung und Landwirtschaft zuständig seien.
Industrie spart Zucker ein, Zuckersteuer wäre besser
Eine Diabetesstrategie macht für Monstadt keinen Sinn ohne Maßnahmen für eine gesündere Ernährung, u.a. zur Zuckerreduktion. Es freue ihn deshalb, dass die Industrie immer mehr dazu übergehe, Zucker in ihren Produkten zu reduzieren. Allerdings würde er eine lenkende Zuckersteuer präferieren.
Monstadt zeigt sich trotz aller politischen Diskrepanzen zuversichtlich: Die Diabetesstrategie sei weder tot noch auf Eis gelegt, auch wenn das Bärbel Baas, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, der Presse so kolportiert habe. Man habe schließlich schon viereinhalb Jahre an dieser Strategie gearbeitet. Man könne es vor der parlamentarischen Sommerpause noch „hinbekommen“, sagte der Abgeordnete. Beim Zukunftstag Diabetologie 2025 der Arbeitsgemeinschaft niedergelassener diabetologisch tätiger Ärzte der DDG forderte er Ärzte und Verbändevertreter dazu auf, diesbezüglich den Druck auf die Politik aufrechtzuhalten. Für die Umsetzung einer Diabetesstrategie stellt Monstadt zudem vier Thesen auf:
- Auf Bundesebene definierte Maßnahmen müssen in die Fläche gebracht werden. Sie müssen sich in Landesgesetzen, regionalen Strukturen und Kommunen wiederfinden. Dies sei der entscheidende strategische Ansatz.
- Ohne Digitalisierung ist eine Diabetesstrategie nicht umzusetzen. Als Beispiel für digitale Helfer nennt Monstadt elektronische Diabetestagebücher, Closed-Loop-Systeme und die Videosprechstunde. Erforderlich sei dabei eine wechselseitige Motivation zwischen Arzt und Patient.
- Notwendig ist eine zuverlässige Datengrundlage, u.a. aus aussagefähigen Registern, die Ärzte, Wissenschaftler und Versorgungsforscher in die Lage versetzt, Schlussfolgerungen zu ziehen.
- Neue Forschungsansätze müssen Verbesserungen in der Prävention bringen. Dann lassen sich z.B. Menschen mit Prädiabetes zu mehr Bewegung und gesunder Ernährung motivieren und erkranken erst gar nicht an Diabetes.
Rudolf Henke, Arzt für Innere Medizin und ebenfalls CDU-Bundestagsabgeordneter, bestätigt die Notwendigkeit, bei einer Strategie gegen Diabetes den Blick auf die Ernährung zu richten und die Frage, warum viele Menschen dick sind.
Wir haben einen Forschungs-, aber auch einen Debattenbedarf
„Ich glaube, das hat viel mit der frühen Provokation des Hyperinsulinismus zu tun, und dann sind wir natürlich bei der Frage, welche Rolle der Zucker hierbei spielt“, so Henke. Es gebe viel Aufarbeitungsbedarf hinsichtlich des Wissens, um einen strategischen Wechsel in der Ernährung herbeiführen zu können. Henke sieht sowohl Forschungsbedarf als auch „einen Debattenbedarf, den wir nicht alleine als Gesundheitspolitiker stemmen können“.
„Wir müssen ressortübergreifend denken“, betont Monstadt. Er hält auch den Blick auf weitere Bereiche und Themen für erforderlich. Das betreffe etwa Fragen wie: Muss ein Fastfood-Restaurant neben der Schule stehen? Muss es im Kino XXL-Becher Cola oder Popcorn geben? Sind Treppen bei der Bauplanung nicht stärker zu berücksichtigen als Aufzüge?
Cornelia Kolbeck
Zukunftstag Diabetologie 2025