Diabetischer Fuß: spezielle Fortbildung für spezielle Herausforderungen
BERLIN. In der Ausbildung von Orthopädieschuhmacher*innen (OSM) spielt die komplexe Versorgung von Menschen mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) nur eine untergeordnete Rolle. Die neue Fortbildung „Orthopädieschuhmacher*in DDG“ vermittelt deshalb umfassendes medizinisches, technisches und psychosoziales Wissen.
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Treibende Kraft hinter der neuen Fortbildung war die AG Diabetischer Fuß der DDG. Vorstandsmitglied Leo Lelgemann, OSM-Meister aus Köln, erklärt den Bedarf so: „Die Versorgung von Menschen mit Polyneuropathie (PNP) ist speziell und erfordert zusätzliches Wissen und eine andere Kommunikation.“ Denn den Betroffenen fehlt das natürliche Schutzgefühl, das sonst Verletzungen und Überlastung verhindert. In der Folge kann es zu Überlastungen, Ulzerationen und in letzter Instanz auch zu Amputationen kommen.
Rahmenbedingungen der Fortbildung
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„Menschen mit DFS geraten schnell in einen Teufelskreis“, weiß Lelgemann, „sie sind zunächst schockiert über den Befund und wollen ihre Füße schützen und eine Verschlimmerung des Fußzustandes verhindern. Doch weil sie weiterhin nichts spüren, fehlt das Bewusstsein für den Verlust des eigenen Schutzgefühls.“ Entsprechend sei die Bereitschaft, orthopädische Entlastungshilfsmittel zu tragen, oft nicht allzu groß. „Dabei sind es nachweislich die fehlende Druckumverteilung und -entlastung, die für die hohen Rezidivraten verantwortlich sind – je nach Publikation zwischen 34 und 50 % innerhalb des ersten Jahres und fast 70 % nach drei Jahren“, mahnt Lelgemann. Auch die Mortalitätsraten bezeichnet er als alarmierend: „Studien zeigen, dass die Fünf-Jahres-Mortalität bei Patienten mit DFS zwischen 30 und 50 % liegt. Besonders kritisch ist die Situation nach einer Majoramputation: Hier liegt die Fünf-Jahres-Mortalität bei knapp 56 %.“
Weitere Informationen
Informationen und Anmeldemöglichkeit unter ddg.info/qualifizierung/orthopaedieschuhmacherin-ddg |
Nur eine schuhtechnische Versorgung, die eine risikofreie Fortbewegung ermöglicht, kann sowohl Rezidiv- als auch Mortalitätsraten senken. Allerdings sind nicht alle OSM-Betriebe gleichermaßen qualifiziert für den Umgang mit Menschen mit DFS. In der OSM-Ausbildung etwa werden die Besonderheiten der Versorgung von Menschen mit PNP nur sehr vage vermittelt: „Da heißt es, dass ein DFS-Schuh weit genug, groß genug und weich gepolstert sein muss. Doch was heißt das im Einzelfall konkret? Und stimmt das überhaupt?“ Und auch in der Meisterschule sieht er Verbesserungspotenzial: „Ich habe da noch nach einem Curriculum von 1998 gelernt – seither hat sich fachlich aber doch allerhand getan“, erzählt Lelgemann.
Zertifikat der DDG macht spezielle Kompetenz sichtbar
Mit ihrer neuen Fortbildung will die DDG Interessierten ermöglichen, sich auf den aktuellen Wissensstand zu bringen und mehr Verständnis für die speziellen Herausforderungen zu entwickeln. Ebenso wichtig ist es, mit dem OSM-Zertifikat Sichtbarkeit zu schaffen gegenüber Patient*innen, Ärzt*innen und Kostenträgern, die auf der Suche nach spezialisierten und qualifizierten Anbietern sind. „Zuguterletzt bietet die Fortbildung die Möglichkeit, Gleichgesinnte kennenzulernen und ein persönliches Netzwerk aufzubauen“, meint Lelgemann, „denn die Versorgung eines DFS ist schließlich eine interdisziplinäre Aufgabe.“
Antje Thiel