Immer mehr Menschen mit Typ-2-Diabetes nutzen CGM-Systeme
BERLIN. Wie verändert sich die Nutzung von Diabetes-Technologien in Deutschland und welche Meinungen, Einschätzungen und Erwartungen haben Diabetolog*innen bezüglich neuer Technologien und der Digitalisierung? Dieser Kernfrage geht der Digitalisierungs- und Technologie-Report Diabetes (dt-Report; früher: D.U.T-Report) seit mittlerweile fünf Jahren nach. Aktuelle Ergebnisse wurden bei der diatec 2024 vorgestellt. Erstmals mit an Bord: Österreich und die Schweiz.
AID-Systeme, Smart-Pens und Apps werden in diabetologischen Praxen immer stärker genutzt. Welche aktuellen Probleme bei der Umsetzung immer wieder in der Praxis auftauchen und was sich Diabetolog*innen wünschen, um neue Technologien besser in die Praxis zu integrieren, erfasst der dt-Report durch die jährliche Befragung.
Neuer Kooperationspartner: Deutsche Diabetes Gesellschaft
Bei der aktuellen Umfrage zum Report wurden nun erstmals auch die Kolleg*innen in Österreich und der Schweiz befragt. „Die Schweizer und die Österreicher haben erheblich dazu beigetragen, dass der dt-Report so aussagekräftig und so groß ist wie nie zuvor“, freute sich Dr. Winfried Keuthage, Münster. Geplant ist, die Umfrage im nächsten Jahr auf Frankreich und England auszuweiten. Damit geht die Namensänderung von D.U.T-Report zu dt-Report einher.
Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) und diabetesschweiz sind als offizielle Kooperationspartner neu hinzugekommen, ebenso wie die DDG – neben BVND, BVKD, windiab, diabetesDE und VNDN, dem Diabetes Center Bern, FIDAM, Science-Consulting in Diabetes und MedTriX. Mit an Bord sind auch die Unternehmen Dexcom, Roche, Abbott, Ascensia und Sanofi.
Umfrage zum dt-Report Für die Umfrage zum dt-Report werden jedes Jahr Diabetolog*innen befragt, alle zwei Jahre alternierend Menschen mit Diabetes (in 2023) und Diabetesberater*innen (in 2024). Durch den Vergleich der Antworten im Längsschnitt über die letzten fünf Jahre und zwischen den unterschiedlichen befragten Gruppen ergibt sich ein differenziertes Bild der aktuellen und zukünftigen Entwicklung von neuen Technologien in der Diabetologie. Österreich und Schweiz waren erstmals dabei, geplant ist, die Umfrage auf Frankreich und England auszuweiten. www.dut-report.de |
In diesem Jahr nahmen 340 Diabetolog*innen teil, die im Schnitt 55 Jahre alt waren. Daran erkenne man schon, dass „die deutsche Diabetologie ein Nachwuchsproblem“ habe, so Professor Dr. Bernd Kulzer, Bad Mergentheim. Diejenigen, die die Fragen beantwortet haben, kommen zu 83 % aus dem ambulanten Bereich.
Die Ergebnisse sollen belastbare Daten liefern, wie häufig Diabetes-Technologie in den Praxen angewendet wird. Für Deutschland kann man ablesen, dass inzwischen schon 84 % aller Menschen mit Typ-1-Diabetes pro Einrichtung ein CGM-System nutzen und etwa jede*r Dritte eine Insulinpumpe. Bei bereits circa 23 % steuert ein Algorithmus auf der Basis von CGM-Werten die Insulindosierung über eine Insulinpumpe (AID-System, kommerziell oder DIY). Bei der Nutzung von CGM fällt außerdem der große Sprung von 31 % innerhalb des Zeitraums 2022 bis 2023 auf.
Menschen mit Typ-2-Diabetes nutzen vor allem CGM-Systeme (25 %), sehr selten hingegen bislang einen Smart-Pen (2 %), eine Insulinpumpe ( 1 %) oder ein kommerzielles AID-System (1 %).
Zahl der Pumpen steigt kaum – AID-Umsetzung erschwert
Bei Insulinpumpen wurde diesmal unterschieden nach Stand-Alone-Pumpe und einer Pumpe als Teil eines AID-Systems. Die Anzahl an Pumpen hat sich nur wenig verändert, was sicherlich eine Limitation für eine rasche Steigerung bei den AID-Systemen darstellt. Deren Zahl ist wiederum im letzten Jahr sprunghaft angestiegen. In Deutschland verwenden 84 % aller Menschen mit Typ-1-Diabetes ein CGM-System. 27 % der Patient*innen tragen eine Pumpe, etwa jede*r Fünfte verwendet ein kommerzielles AID-System (21 %). Wie beim Typ-2-Diabetes haben Smart-Pens auch beim Typ-1-Diabetes kaum eine Bedeutung.
Dr. Nikolaus Scheper, Marl, sprach von einer positiven Entwicklung bei den diabetesbezogenen Belastungen durch moderne Diabetestechnologien. Die Befragten schätzten, dass die diabetesbezogenen Belastungen bei 69 % der Patient*innen durch moderne Diabetestechnologien zurückgegangen seien. Ein sehr deutlicher Rückgang, die Zunahme der Belastungen durch moderne Technologien spiele eine immer geringere Rolle: Bei 25 % nähmen die Belastungen durch moderne Technologien zu, zeigten die Umfrageergebnisse. Die Gründe dafür seien „klassische Schulungsthemen“. Sie reichen von technischen Problemen (21 %), Überforderung (19 %) bis zum Gefühl der Abhängigkeit von der Technik (14 %).
Wie entwickelt sich die Nutzung in den nächsten fünf Jahren?
Als wichtigste Themen in den Praxen nannten die befragten Diabetolog*innen AID-Systeme (28 %), die Kompatibilität mit anderen Systemen (22 %) sowie die Software zur Analyse von Glukosedaten (16 %). Die Online-Videosprechstunde mit 2 % und die Online-Videoschulung mit 1 % spielen hingegen kaum eine Rolle.
Bei der Frage zur künftigen Nutzung von AID-Systemen bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes in fünf Jahren liegt die Einschätzung der Diabetolog*innen bei 69 % der Menschen mit Typ-1-Diabetes und 13 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes. Hinsichtlich der CGM-Versorgung bei Typ-2-Diabetes ist Dr. Scheper gespannt, „wie sich hier die regulatorischen Rahmenbedingungen weiterentwickeln“. Momentan seien die genannten Zahlen beim Typ-2-Diabetes mit den Patient*innen, die dafür infrage kämen, nicht deckungsgleich. Zudem gebe es auch hier „eher eine intermittierende Nutzung“, schränkte er ein.
Für die Schweiz und Österreich ließ sich zeigen, dass die Ergebnisse „sehr ähnlich“ gewesen seien, was die aktuelle Nutzung von CGM-Systemen, AID und Smart-Pens betreffe, erläuterte Professor Dr. Lutz Heinemann, Düsseldorf. Einen Riesenunterschied beim Vergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz könne man allerdings bezüglich der Hürden in der Praxis sehen, so Prof. Kulzer. In beiden Nachbarländern sei es viel einfacher, ein AID- oder CGM-System zu beantragen.
Angela Monecke
diatec 2024