„Die Angst vor der Digitalisierung nehmen“
BERLIN. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft bietet jährlich eine Fortbildung zum Thema Digitalisierung für Ärzt*innen und Diabetesfachkräfte an. Im April starten die Veranstaltungen für das Jahr 2024. Was erwartet die Teilnehmenden in vier Webinaren und einem Seminar in Präsenz?
Dr. Friedrich W. Petry ist der wissenschaftliche Leiter der Fortbildung Digitalisierung der DDG. Der Internist und Diabetologe DDG ist einer der Inhaber des Medicums Wetzlar und Mitglied in der Kommission Digitalisierung.
Herr Dr. Petry, bitte erklären Sie kurz das Konzept der Fortbildung Digitalisierung der DDG.
Petry: Wir bieten eine praxisorientierte Fortbildung zum Thema Digitalisierung und Diabetestechnik an; behandelt werden aktuelle Themen der Diabetologie in Klinik und Praxis. Die Fortbildung gibt es als Webinar mit Modulen zu den einzelnen relevanten Themen und als Präsenzveranstaltung.
Die Module in den Webinaren wurden so miteinander kombiniert, dass die Teilnehmer die Möglichkeit haben, mehrere Webinare zu besuchen, ohne dass sich Inhalte wiederholen. Auf diese Weise können auch mehrmals CME-Punkte gesammelt werden.
Die Präsenzveranstaltung ist eine Ganztagsveranstaltung und eine Art Zusammenfassung aller wichtigen Inhalte mit den Schwerpunktthemen AID, Datenschutz, Künstliche Intelligenz, Auswertungssoftware, Cybercrime. Natürlich gibt es hier wie auch in den Webinaren immer die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu diskutieren.
Für wen ist die Fortbildung Digitalisierung gedacht?
Petry: Die Zielgruppe sind Diabetolog*innen, Assistenzärzt*innen mit Interesse an Diabetologie, Diabetolog*innen in Weiterbildung, Diabetesberater*innen, Diabetesassistent*innen, Teams von Diabetesschwerpunktpraxen, Internist*innen und diabetologisch orientierte Hausärzt*innen.
Sind 2024 Themen neu hinzugekommen? Welche?
Petry: Neu sind die Themen AID-Systeme und Auswertesoftware, Cybercrime, Künstliche Intelligenz und eDiabetologie (eRezept, KIM, eDMP). Und: Alle Themen aus dem Vorjahr wurden aktualisiert, es gibt keine Wiederholung für diejenigen, die schon letztes Jahr dabei waren.
Aus welchen Bereichen kommen die Referierenden?
Petry: Sie kommen aus der Dia-betologie, sind Ärzt*innen und Diabetesberater*innen und arbeiten in Praxen, Kliniken und in der Forschung. Auch ein Jurist ist dabei und weitere Experten, die sich mit Digitalisierung im Bereich der Diabetologie gut auskennen.
Was beschäftigt Diabetes-Teams, wenn es um Digitalisierung geht?
Petry: Besonders stark beschäftigt sie die praktische Umsetzung der Digitalisierung und deren Anforderungen im Alltag. Praktische Lösungsansätze sowohl für technische, aber auch „menschliche Hürden” zur Umsetzung digitaler Lösungen in der Routine, stehen bei den Wünschen oben an. Auch die Kosten, die für die Umsetzung der Digitalisierung aufgewendet werden müssen, sind ein Thema. Es werden auch häufig Fragen nach der Rechtssicherheit, nach Datenschutz und Datensicherheit gestellt, z. B. nach der Nutzung von Clouds und nach der Auswertung von Daten. Es ist alles wichtig, was über die gewohnte ärztliche Schweigepflicht hinausgeht.
Viele haben auch die Befürchtung, digitale Projekte nicht umsetzen zu können. Sie denken: Das kann ich nicht, das schaffe ich nicht. Aber wenn der erste Schritt einmal gemacht ist, die ersten positiven Rückmeldungen kommen, ist alles viel, viel leichter. Es gibt eine unglaubliche positive Verstärkung und Motivation fürs ganze Diabetesteam. Ich denke: Es muss die Angst genommen werden vor der Digitalisierung. Wir müssen Wege aufzeigen, wie man anfangen kann. Viele befürchten auch, dass die Umstellungen teuer sind, aber es folgt daraus ein Mehr an Arbeitsqualität und Zeit. Klar ist: Wir müssen uns der Digitalisierung stellen – auch weil es ja mittlerweile gesetzliche Vorgaben gibt, die eingehalten werden müssen, und vor allem, weil Digitalisierung unsere tägliche Arbeit erleichtert, ja sogar in vielen Bereichen erst ermöglicht.
Wie wird die Digitalisierung im Medicum Wetzlar umgesetzt?
Petry: Wir gehen Schritt für Schritt vor und setzen Projekte nach und nach um – z. B. bei AID-Systemen, Auswertesoftware, digitale Sprechstunde, eDiabetologie, eRezept, eBMP, eDMP, KIM. Im Vordergrund stehen Tools zur Vereinfachung der Prozesse und zur Verbesserung der Prozess- und Ergebnisqualität.
Wir waren schon immer technik- und digitalisierungsaffin, hatten Mitte der 1980er schon einen PC, dann in den 1990er-Jahren die erste Auslesesoftware in Mittelhessen – einfach, weil wir darin für uns Vorteile gesehen haben. Ob etwas neu eingeführt wird oder nicht, ist aber nie eine Einzelentscheidung. Wir überlegen gemeinsam, was gut und sinnvoll für uns ist, z. B. auch bei der Einführung der Videosprechstunden in der Corona-Zeit. So haben wir schrittweise die Neuerungen mitgemacht.
Neben dem Besuch der Fortbildung Digitalisierung empfehle ich immer, zu hospitieren und zu schauen, wie die Kolleginnen und Kollegen es angehen. So habe ich es auch gemacht: Ich bin in Praxen und Kliniken gegangen. In jeder Praxis gibt es etwas, was man sich abschauen und vielleicht in modifizierter Form in der eigenen Praxis einführen kann.
Interview: Nicole Finkenauer
Themen und Referierende
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