Der Volkskrankheit Adipositas zu Leibe rücken
BERLIN. Typ-2-Diabetes ist die Erkrankung, Adipositas oftmals ihr Treiber. Die Einführung eines Disease-Management-Programms (DMP) Adipositas hat das BMG im April freigegeben. Die entsprechende Richtlinie tritt im Juli in Kraft. DDG und Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) begrüßen diesen neuen Ansatz zur Diabetesprävention.
Etwa jeder 4. Mensch in Deutschland ist zu dick und die Zahl der Übergewichtigen nimmt weiter zu. Dem soll das DMP Adipositas entgegenwirken. Einschreiben können sich Erwachsene, die einen Body-Mass-Index (BMI) zwischen 30 und 35 und mindestens eine Begleiterkrankung mitbringen – etwa Hochdruck oder Typ-2-Diabetes. Bei Menschen mit einem BMI von 35 oder mehr muss keine Begleiterkrankung zur Teilnahme vorliegen.
DMP Adipositas bringt Diabetesprävention voran
Mit dem DMP ließen sich erhöhtes Körpergewicht und Risiken für Folgekomplikationen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen adipöser Menschen endlich verringern, so Professor Dr. Jens Aberle, Präsident der DAG und Leiter der Kommission „Adipositas & bariatrische Chirurgie“ der DDG. Dies sei ein „guter erster, längst überfälliger Schritt“, um der Volkskrankheit Adipositas zu Leibe zu rücken.
Als „Schlüssel zu einer effektiven Prävention“ sieht auch Professor Dr. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender des DDG Ausschusses „Qualitätssicherung, Schulung & Weiterbildung“, das neue DMP Adipositas. Denn das Programm greife schon bei Prädiabetes oder arterieller Hypertonie. Es bestehe zudem „keine Konkurrenz zum DMP Dia-betes Typ 2“, wie befürchtet. „Es ist ein zusätzliches Angebot“, betont er; die Patient*innen könnten an beiden Programmen teilnehmen. Das DMP Adipositas soll vermitteln, dass schon ein Gewichtsverlust von 5 % metabolische Faktoren relevant verbessern kann, bei 10 % eine Remission von Komorbiditäten begünstigt wird und sich das Risiko für weitere Folgeerkrankungen reduziert.
Neues DMP: Adipositas-Spezialist*innen sind gefragt! Mit dem DMP Adipositas steigt der Bedarf an Adipositas-Spezialist*innen in ambulanten und stationären Einrichtungen, betonen DDG und DAG. Die Fachgesellschaften bieten deshalb die gemeinsamen neuen Fortbildungen „Adiposiolog*in DAG-DDG“ und „Adipositasberater*in DAG-DDG“ an. Das neue Angebot ist stark nachgefragt: Alle sieben Kurse sind bereits vollständig ausgebucht. Für 2025 stehen sechs Kurstermine fest. Weitere Kursangebote sind geplant. Mehr unter adipositas-fortbildung.de |
Neben einem differenzierten Behandlungsplan sowie individualisierten Empfehlungen zu Ernährung und Bewegung erhalten die Patient*innen auch Schulungsangebote, genauer eine multimodale Schulung. Noch aber sind Schulungen in das DMP nicht integriert. Denn der G-BA hat festgestellt, dass es bislang kein geeignetes Schulungsprogramm gibt. Nun müsse das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) prüfen, welche Schulungsprogramme übergangsweise akzeptiert würden, „wenn zeitgleich eine Evaluation stattfindet“, so Professor Dr. Bernhard Kulzer, Bad Mergentheim, Fachpsychologe Dia-betes DDG. Ein evaluiertes Schulungskonzept erarbeiten DDG und DAG bereits mit Kooperationspartnern. Prof. Kulzer findet das neue DMP „sehr gut“, bedauert jedoch, dass der G-BA „die Adipositas nicht als chronische Erkrankung“ anerkannt habe.
Im DMP Adipositas sind keine Hinweise zu Arzneimitteln enthalten, die den Appetit zügeln, ebenfalls nicht zu Formuladiäten, da der Gesetzgeber sie als GKV-Leistung bereits ausgeschlossen hat. Es sei daher „umso wichtiger, dass strukturierte Schulungsprogramme zur Verfügung“ stünden, denn ohne Schulung sei das DMP Adipositas „ein zahnloser Tiger“, so Prof. Kulzer.
Angela Monecke