„Mir gefällt es sehr gut, wenn auf Kongressen viel Interaktion ist“
BERLIN. Spannende Tage liegen vor den Teilnehmenden des Diabetes Kongresses. Wie das diesjährige Motto mit Leben gefüllt wird und worauf er selbst sich besonders freut, schildert Kongresspräsident Professor Dr. Baptist Gallwitz.
diabetes zeitung (dz): Herr Professor Gallwitz, was macht für Sie einen gelungenen Diabetes Kongress aus?
Prof. Gallwitz: Gelungen ist ein Dia-betes Kongress, wenn die Teilnehmenden alle zufrieden nach Hause fahren oder zufrieden online waren und gute Gelegenheiten hatten, sich nicht nur fortzubilden, sondern auch auszutauschen. Und natürlich, wenn aus dem Kongress neue Projekte und Zusammenarbeiten entstehen.
Mir persönlich gefällt sehr gut, wenn auf Kongressen sehr viel Interaktion ist und diese auch gefördert wird. Neu im Programm ist dieses Jahr deshalb ein „Battle of Experts“.
Im Interview: Professor Dr. Baptist Gallwitz |
dz: Neu ist auch das Gastland, oder?
Prof. Gallwitz: Wir hatten selten Gastländer. Ich kann mich erinnern, dass Ende der 90er-Jahre einmal ein DDG Kongress in Basel als Drei-Länder-Kongress Deutschland, Schweiz, Österreich stattfand. Da es immer wichtiger wird, international gut vernetzt zu sein, ist dieses Jahr unser Nachbar Dänemark das Gastland des Kongresses. Ein Grund dafür ist, dass dänische Forschende sehr involviert waren in die Etablierung der inkretinbasierten Therapien – und das ist ja eines der aktuellen Themen des Kongresses.
dz: „Diabetes. Umwelt. Leben. Perspektiven aus allen Blickwinkeln“ ist das Motto. Was ist damit gemeint?
Prof. Gallwitz: Wir wollten einen Rundumblick für alle Aspekte des Diabetes abbilden. Umwelt haben wir mit hineingenommen, weil Umwelt- und Medizin-Themen ganz aktuell sind. Es geht um Nachhaltigkeit, aber auch darum, wie sich der Klimawandel auf chronische Erkrankungen auswirkt. Außerdem ist Umwelt bei der Diabetesprävention ein wichtiges Stichwort: Es bedarf einer Umwelt, einer Lebenswelt, in der die gesunde Alternative immer die leichter wählbare Alternative ist.
dz: In Diskussionen in der Diabetologie schwingen derzeit die Pläne für die Krankenhausreform immer mit. Wie ist das auf dem Kongress?
Prof. Gallwitz: Die Reform spielt eine sehr große Rolle und wir haben dazu am Donnerstag ein Symposium, bei dem wir die Krankenhausreform aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Besonders empfehlen möchte ich den Vortrag des Medizinethikers Professor Dr. Giovanni Maio aus Freiburg, der die Reform aus ethischer Sicht beleuchtet.
Ich freue mich sehr auf dieses Symposium und denke, es wird eine rege Diskussion geben, weil uns natürlich die Versorgung von Menschen mit Diabetes im Krankenhaus besonders wichtig ist und wir Sorge haben, dass einiges unter die Räder kommen kann, wenn wir nicht aufpassen. Was die Politik kaum auf dem Schirm hat, ist, dass jeder fünfte Patient im Krankenhaus einen Diabetes hat, aber nicht wegen des Diabetes im Krankenhaus liegt. Gerade in kleineren Krankenhäusern brauchen wir eine gute Versorgung und müssen sicherstellen, dass diese wenn nötig über eine Öffnung der Sektorengrenzen von Schwerpunktpraxen gewährleistet wird. Es ist noch unklar, wie das gut umgesetzt werden kann. Und: Wir haben auch nicht ausreichend ambulante Versorger, die sofort einspringen könnten.
dz: Die AG Nachwuchs ist sehr engagiert. Glauben Sie, dass das umfangreiche Nachwuchsprogramm beim Kongress einige davon überzeugt, in die Diabetologie zu gehen?
Prof. Gallwitz: Wir haben in der Vergangenheit ja schon gesehen, dass die Bemühungen von Erfolg gekrönt sind und aus vielen der „jungen Wilden” etablierte Dia-betologinnen und Diabetologen geworden sind. Übrigens werden auch bei diesem Kongress u. a. die Mitglieder der AG Nachwuchs Buttons tragen, die dazu auffordern, sie anzusprechen.
dz: Sprechen wir über Ihre persönliche Kongressplanung: Worauf freuen Sie sich besonders?
Prof. Gallwitz: Das gesundheitspolitische Symposium habe ich schon erwähnt. Und ich freue mich natürlich auf die Paul-Langerhans-Vorlesung am Freitagnachmittag, die dieses Jahr neu gestaltet wird und während der auch viele Preise verliehen werden. Am Samstag findet ein weiteres Kongress-Highlight statt, nämlich das Werner Creutzfeldt-Symposium mit der Verleihung des Werner-Creutzfeldt-Preises. Creutzfeldt, ein deutscher Kliniker und Wissenschaftler, hat die Inkretinforschung maßgeblich mit auf den Weg gebracht und wäre an diesem Tag genau 100 Jahre alt geworden.
dz: Höhepunkte des Rahmenprogramms sind Diabetes-Lauf und DDG Night. Werden Sie dabei sein?
Prof. Gallwitz: Am Lauf werde ich auf jeden Fall teilnehmen – allerdings nicht mehr sehr schnell joggend. Aber ich denke, mein Zeitziel werde ich erreichen. Ich freue mich darauf und hoffe, dass sich noch viele anmelden – man kann ja auch virtuell mitlaufen. Die Teilnahmegebühr wird übrigens für Diabetes-Projekte gespendet. Ich denke schon, dass ich auch zur DDG Night gehe, denn für die Musik werden die Sugar Doctors zuständig sein, die schon auf vielen Diabetes Kongressen gespielt haben. Zudem ist zum diesjährigen 60. Geburtstag der DDG ein DDG Song erschienen – und dazu gibt es auch eine Choreografie. Die DDG Night wird im Spreespeicher stattfinden, mit Blick auf die Spree und die Oberbaumbrücke. Und das ist eben ein wunderbares Stück Berlin!
dz: Warum sind Sie eigentlich Arzt und dann Diabetologe geworden?
Prof. Gallwitz: In der Mittelstufe hatte ich die Gelegenheit, als Freiwilliger in einem Krankenhaus zu arbeiten. Ich war in einer chirurgischen Abteilung und wurde da sehr akzeptiert und auch schon etwas ausgebildet. Das hat mir großen Spaß gemacht, weil ich das Gefühl hatte, ich kann hier ganz praktisch helfen. Eigentlich wollte ich in ein operatives Fach. Das hat sich aber schon im Studium gewandelt. Ich habe immer mehr Gefallen an sprechender Medizin gefunden. Auch über meine Doktorarbeit habe ich dann den Weg zur Diabetologie eingeschlagen und hatte ganz wunderbare Berufsjahre. Das Schöne an der Diabetologie ist: Es ist Teamarbeit – mit dem Patienten im Mittelpunkt. Außerdem arbeitet man mit anderen Berufsgruppen zusammen, ist immer im Austausch und kann so Patientinnen und Patienten wirklich gut helfen.
dz: Sie sind sehr engagiert in der DDG. Was treibt Sie an?
Prof. Gallwitz: Ich denke, das ist einfach meine Form von gesellschaftlichem Engagement. Ich kann hier meine Kenntnisse einbringen und etwas Sinnvolles tun.
dz: Mittlerweile leben Sie in Berlin. Welche Tipps haben Sie für die Kongressteilnehmenden?
Prof. Gallwitz: Immer einen Besuch wert ist die Neue Nationalgalerie, die durch ihre Lage am Kulturforum am Potsdamer Platz gut erreichbar ist. Die kleine Sammlung von Gerhard-Richter-Bildern dort ist sehr schön gehängt. Wer Natur erleben möchte: Schön ist es, einfach rund um den Schlachtensee zu laufen. Die Restaurantwahl hängt natürlich vom individuellen Geschmack ab. Von Kolleginnen und Kollegen aus Tübingen habe ich als Abschiedsgeschenk einen Gutschein für das vegane Restaurant „Bonvivant“ bekommen, das mittlerweile einen Michelin-Stern hat. Dort haben wir einen sehr schönen und interessanten Abend verbracht und sehr gut vegan gegessen.
dz: Herr Professor Galliwtz, vielen Dank für das Gespräch!
Alle Kongress-Tipps von Prof. Gallwitz finden Sie in den Shownotes zur Podcast-Folge (siehe folgenden Kasten).
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Interview: Günter Nuber und Nicole Finkenauer