Digital Health und Diabetologie 2022
Berlin. Die Kommission Digitalisierung der DDG hat den „Code of Conduct Digital Health DDG 2022“ aktualisiert. Beim Diabetes Kongress werden die überarbeiteten Inhalte vorgestellt.
Die Digitalisierung verändert tiefgreifend und rasant unsere Lebenswelten. Digital gesteuerte Kommunikations- und Interaktionsweisen prägen soziale, wirtschaftliche, technische und politische Prozesse. Damit beeinflusst die Digitalisierung inhaltlich und strukturell die Medizin, z.B. in Forschung, Diagnostik, Monitoring, Therapie, Versorgung sowie Beratung, Aufklärung, Screening und Prävention. Die Digitalisierung und ihre Möglichkeiten verändern nicht zuletzt das unmittelbare Verhältnis zwischen Arzt und Patient.
Die DDG als große medizinische Fachgesellschaft sieht es als ihre Aufgabe an, für diesen digitalen Transformationsprozess konkrete medizinische Standards und einen ethisch basierten Handlungsrahmen zu entwickeln und umzusetzen. Der „Code of Conduct Digital Health DDG“, erstmals publiziert im August 2018, schafft hierfür die notwendige Basis, die zur Diskussion anregen soll. Nun liegt im Mai 2022 die aktualisierte Version „Code of Conduct Digital Health DDG 2022“ vor.
Inhalte wurden mit der Kommission Digitalisierung erarbeitet und diskutiert. Diese werden beim Diabetes Kongress vorgestellt, am „runden Tisch“ mit anderen Stakeholdern im Gesundheitswesen diskutiert sowie im Sommer national wie international publiziert und in der weiteren Öffentlichkeit verbreitet.
Forderungen zu Datenschutz und Interoperabilität
Der Code of Conduct soll insbesondere Patient*innen, Leistungserbringern, Kostenträgern, der Industrie und Politik darlegen, zu welchen medizinisch basierten Ansprüchen die DDG sich bekennt und welche Erwartungshaltungen sich hieraus an alle beteiligten Akteure ergeben.
Einige Kernforderungen werden im Folgenden zusammengefasst:
- Einhaltung des gesetzlichen Rahmens des Datenschutzes und der Datensicherheit.
- Datenschutz mit Zukunftsfenster, d.h. Regelungen schaffen, die bereits absehbare Entwicklungen antizipieren, z.B. deutliche Priorisierung personenbezogener vor anonymisierten Daten.
- Möglichkeiten der „Datenspende“ im Rahmen des europäischen Solidaritätsprinzips und der Forschung, die global und nicht national oder föderal ist.
- Transparente und konsequente staatliche Sanktionen bei Missbrauch im Umgang mit Daten.
- Bereitschaft, übertriebene und die Versorgung und Forschung potenziell behindernde föderale Strukturen abzubauen (z.B. gibt es 18 Datenschutzbehörden in Deutschland mit eigenen und sich zum Teil widersprechenden Beurteilungen).
- Flächendeckender Netzaufbau und Stärkung der IT-Kompetenz aller Bevölkerungsgruppen.
- Komplette technische und inhaltliche Interoperabilität und Konnektivität von allen patientenbezogenen Informationssystemen (KIS, PVS, Datenmanagement-Systemen etc.) sowie patientennaher technischer Produkte zur Peripherie, dies schließt am Markt konkurrierende Systeme ein. Abgrenzung oder „Einzigartigkeit“ (Wettbewerbsvorteil) von Produkten am Markt durch technikbasierte nicht interoperable Separierung lehnt die DDG ab.
- Apps und Algorithmen, die in eine medizinische Behandlung eingreifen, müssen durch ein europäisch und nachgeordnet nationalstaatlich kontrolliertes Verfahren überprüft und „zugelassen“ werden. Wir erwarten eine methodenbasierte Verfahrensregelung und nicht allein wie bisher einen „Leitfaden“ mit Regelungen. Eine Beschleunigung der Verfahren ist notwendig, um innovative Entwicklungen zu fördern.
- Bei der Bewertung von Apps im Gesundheitsmonitoring und Beratungsbereich sollten Fachgesellschaften strukturiert eingebunden werden.
- DiGA sollten den ärztlichen Behandlungsprozess unterstützen und nicht ohne Einbindung der ärztlichen Fürsorge ersetzen.
- Die Chancen der Digitalisierung sind im Sinne der Ärzt*innen und Patient*innen zu gestalten.
- Technologisch muss es zu einer Homogenisierung und nutzerorientierten Weiterentwicklung kommen.
- Die DDG erwartet bei allen Entwicklungsprozessen beides, eine systematische Berücksichtigung der Patientenrelevanz sowie eine Berücksichtigung der Belange der Ärzteschaft im Hinblick auf funktionierende Abläufe in Praxis und Klinik.
Der Code of Conduct ist ein „lebendes System“ und wird regelmäßig von der Fachgesellschaft aktualisiert und damit neuen Entwicklungen angepasst. Der Bewertungsanker hierbei ist neben dem medizinischen Standard der unmittelbare Nutzen für die von Diabetes betroffenen Menschen und ihre Angehörigen, aber auch für die Behandelnden. Die DDG ist sich ihrer Verantwortung bei der Gestaltung der digitalen Transformation des Gesundheitswesens bewusst.
Eine tiefergehende Darstellung einzelner o.a. Punkte bzw. des Code of Conduct wird regelmäßig in künftigen Ausgaben der diabetes zeitung vorgestellt.
Manuel Ickrath und Dirk Müller-Wieland
für die Kommission Digitalisierung der DDG