Drei wie Pech und Schwefel
Mannheim. Typ-2-Diabetes, Herz- und Niereninsuffizienz sind eng verbandelt, sie fungieren wechselseitig als Verstärker der Schadeffekte. Inzwischen gibt es Medikamente, die mehrere Probleme gleichzeitig angehen. So gelingt die Therapie auch in komplexeren Fällen.
Im Fallbeispiel, das Privatdozentin Dr. Katharina Schütt von der Medizinischen Klinik I der RWTH Aachen vorstellte, kam alles zusammen. Eine 74-jährige adipöse Patientin litt bereits unter einem mit Metformin unzureichend eingestellten Typ-2-Diabetes (HbA1c 7,6 %) und einer moderaten Niereninsuffizienz (eGFR 49 ml/min). Zudem nahm sie wegen einer arteriellen Hypertonie einmal täglich 5 mg Ramipril. Neu aufgetreten war eine belastungsabhängige Dyspnoe, mit der sich die Frau in der Klinik vorstellte.
In der Echokardiographie zeigte sich eine normale Ejektionsfraktion von 56 %, ein deutlich erhöhter Füllungsindex von 17 und ein linksventrikulärer Massenindex von 136 g/m2. Angesichts dieses Befundes und des NT-proBNP-Spiegels von 643 pg/ml war die Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) rasch diagnostiziert.
Unerkannte KHK als Ursache unwahrscheinlich
Im neuen Algorithmus HFA-PEFF (s. Kasten) sprach die Konstellation mit 6 Punkten sicher für eine HFpEF. Doch was lag der Herzschwäche zugrunde? Dass eine unerkannte koronare Herzkrankheit dahinter steckte, war angesichts des fortgeschrittenen Alters und der Dyspnoe als einzigem relevanten Symptom unwahrscheinlich. Die Prätestwahrscheinlichkeit betrug 12 %, weshalb Dr. Schütts Team auf die invasive Diagnostik verzichtete. Wichtiger war hingegen der komorbide Diabetes der Patientin. „Herzinsuffizienz und Diabetes verbinden sich zu einem Teufelskreis“, so die Referentin. Der Diabetes verstärkt durch chronische Inflammation und AGEs (Advanced Glycation Endproducts) die Fibrose, macht die Sarkomere steif und erhöht so das HFpEF-Risiko.
Umgekehrt verstärkt die Herzinsuffizienz durch die Aktivierung von RAS-System und Sympathikus diabetische Phänomene wie eine hochregulierte Glukoneogenese und eine Insulinresistenz. Nicht alle Mediziner*innen haben auf dem Schirm, dass die HFpEF eine ebenso miserable Prognose hat wie die Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion. Bei beiden Entitäten überlebt jeder fünfte Betroffene nach der ersten stationären Einweisung keine zwölf Monate. „Es ist an uns Kardiolog*innen, diese Botschaft noch stärker nach außen zu tragen“, betonte Dr. Schütt.
Nach Jahren frustraner Versuche, auch für die HFpEF eine spezifische prognoseverbessernde Therapie zu finden, gab es im vergangenen Jahr mit EMPEROR-Preserved die erste erfolgreiche Studie. Knapp 6.000 Menschen mit und ohne Typ-2-Diabetes nahmen daran teil.
Der Effekt des SGLT2-Inhibitors Empagliflozin auf den kombinierten Endpunkt war ausschließlich auf eine Reduktion der Hospitalisierungen zurückzuführen. Anders als bei HFrEF blieb die Mortalität praktisch unbeeinflusst, was laut Dr. Schütt wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Teilnehmerzahl dafür nicht ausreichte.
Nierenschutz bei SGLT2-Hemmern wichtiger Punkt
Die Wirksamkeit ließ sich in allen Subgruppen nachweisen, unabhängig von Diabetesstatus, Ejektionsfraktion und NYHA-Klasse oder Nierenfunktion. Dr. Schütt wies darauf hin, dass die Nierenfunktion bei Patient*innen mit chronischer Herzinsuffizienz deutlich schneller nachlässt als bei Herzgesunden, was den in den SGLT2-Hemmer-Studien gezeigten nephroprotektiven Effekt zu einer bedeutsamen Begleiterscheinung der Therapie macht.
Mit der Hinzunahme von Empagliflozin war der Fall der 74-Jährigen allerdings noch nicht abgeschlossen. Die DGK-Leitlinie zu Diabetes, Prädiabetes und kardiovaskulären Erkrankungen sieht als weitere Stellschrauben eine gute Blutdruck-, Lipid- und glykämische Kontrolle vor. Für die beschriebene Patientin mit ihrem sehr hohen renalen und kardiovaskulären Risiko heißt das:
- HbA1c möglichst auf unter 7 % bringen, um weitere mikrovaskuläre Schäden zu verhindern.
- LDL zwecks Herz- und Gefäßschutz auf unter 55 mg/dl senken.
- Blutdruck auf 130 bis 139 mmHg systolisch einstellen.
Empagliflozin dürfte nicht der letzte Wirkstoff sein, der einen Benefit bei HFpEF bringt. Der ARNI Sacubitril/Valsartan ist in der PARAGON-HF-Studie knapp an der Signifikanz vorbeigeschrammt – möglicherweise ebenfalls ein Effekt zu geringer Teilnehmerstärke. „Das ist sicher eine Substanz, die man bei HFpEF in Erwägung ziehen kann“, meinte Dr. Schütt. Derzeit wird außerdem der nicht-steroidale MRA Finerenon in der FINEARTS-Studie erprobt, an der auch Patient*innen mit HFpEF teilnehmen.
Manuela Arand
DGK 2022
Diagnosealgorithmus für die HFpEF
Vier Schritte sieht der HFA*-PEFF-Algorithmus vor:
- P: Prätest-Abschätzung anhand von Symptomen und klinischen Zeichen der Herzinsuffizienz unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen, EKG, natriuretischen Peptiden, Standardechokardiographie und Ergometrie.
- E: Echokardiographie (fortgeschritten), in der Parameter der diastolischen Dysfunktion erhoben werden. Die Echobefunde und Serumspiegel der natriuretischen Peptide werden mit Punkten bewertet. Ab 5 Punkten gilt die HFpEF als gesichert, weitere funktionelle Tests erübrigen sich.
- F: Funktionelle Tests wie diastolischer Stresstest oder invasive hämodynamische Messungen (nur bei echokardiographischen Unsicherheiten).
- F: finale Sicherung der Ätiologie z.B. durch Bildgebung, Biopsie, genetische Tests.
* Heart Failure Association der ESC