Effektive Therapie stabilisiert Patient*innen jahrelang
ANN ARBOR. Die Herzinsuffizienz kann bei Menschen mit Diabetes erstes Zeichen einer kardiovaskulären Begleiterkrankung sein. Wichtig ist, sie bereits im asymptomatischen Stadium zu erkennen, um die Chance zu haben, einer Progression entgegenzuwirken. Dies gelingt u.a. via Biomarker.
Menschen mit Diabetes bzw. Prädiabetes haben ein höheres Risiko für eine Herzinsuffizienz als Stoffwechselgesunde. Kardiale Vorschäden durch Hypertonie, KHK oder Vitien sind keine Voraussetzung, dass die kardiale Pumpfunktion schwächelt, schreiben Prof. Dr. Rodica Pop-Busui von der University of Michigan und Kolleg*innen in ihrem Konsensusreport für die American Diabetes Association. Als Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz nennen sie:
- lange Diabetesdauer
- schlechte glykämische Kontrolle
- unkontrollierte Hypertonie
- Hyperlipidämie
- hoher BMI
- Mikroalbuminurie
- Niereninsuffizienz
- KHK
- PAVK
Das stadiengerechte Management der Herzinsuffizienz beginnt schon vor deren Auftreten im Stadium A, in dem „nur“ ein hohes Risiko für die Erkrankung besteht. Modifizierbare Faktoren wie die Glykämie müssen optimal kontrolliert werden, um die kardiale Gefahr zu minimieren.
Das Stadium B entspricht der Prä-Herzinsuffizienz. Zwar sind die Betroffenen weiterhin beschwerdefrei, doch weisen sie bereits strukturelle bzw. funktionelle kardiale Auffälligkeiten oder erhöhte Spiegel der Biomarker BNP, NT-proBNP oder hochsensitives (hs) Troponin auf.
Mindestens einmal pro Jahrkardiale Biomarker messen
Um die Entwicklung und Progression einer Herzinsuffizienz rechtzeitig zu erfassen, sollte man die Biomarker sowohl im Stadium A als auch im Stadium B mindestens einmal im Jahr messen. Als obere Referenzwerte gelten ein BNP ≥ 50 pg/ml NT-proBNP ≥ 125 pg/ml und ein hs-Troponin oberhalb der 99. Perzentile. Die Parameter müssen immer im Kontext einer sorgfältigen klinischen Evaluation betrachtet werden, erinnern die Konsensusautoren. Sind sie erhöht, folgt die kardiale Bildgebung. Die Stadien C und D umfassen die symptomatische Herzinsuffizienz mit Belastungsdyspnoe bis Orthopnoe, Ödemen, Gewichtszunahme, körperlicher Schwäche und Fatigue. Ob und in welchem Ausmaß diese Symptome vorliegen, muss regelmäßig erfasst werden.
Zur Laboranalytik gehören Blutbild, Urinanalyse, Serum-Elektrolyte, Harnstoff-Stickstoff im Blut, Serum-Kreatinin, Glukose, HbA1c, Nüchtern-Lipidprofil, Leberfunktionstest, Eisenspiegel und TSH. Bei allen Patient*innen mit Dyspnoe sollten zudem die kardialen Biomarker bestimmt werden. Denn ein normales BNP oder NT-proBNP schließt eine dekompensierte Herzinsuffizienz aus.
Nach obstruktiver KHK als Ursache suchen
Empfohlen werden zudem ein Thorax-Röntgen (Herzgröße, Kongestion) und ein 12-Kanal-EKG. Eine transthorakale Echokardiografie gehört ebenfalls dazu. Sie kann Informationen zur Ursache beisteuern und zwischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) und erhaltener (preserved) EF (HFpEF) unterscheiden. Außerdem raten die Autor*innen dazu, nach einer obstruktiven KHK zu suchen.
Die Empfehlungen zum Management der Herzinsuffizienz bei Diabetespatient*innen unterscheiden sich im Prinzip nicht von denen der Herzinsuffizienz im Allgemeinen. Basis der Therapie sind die Modifikationen des Lebensstils (Ernährung, Alkohol- und Nikotinkonsum, Bewegung) und die optimale Einstellung von Risikofaktoren.
Eine medikamentöse Behandlung kann bereits in den asymptomatischen Stadien A und B indiziert sein. Bei reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion bietet sich die Gabe von ACE-Inhibitoren oder Betablockern an, da sie die Progression verlangsamen. Zudem kann man überlegen, ob man die Patient*innen auf einen SGLT2-Inhibitor einstellt. Eine effektive Therapie bietet Betroffenen im Stadium B die Chance, über viele Jahre stabil zu bleiben, schreiben die Expert*innen.
Liegt eine Hypertonie vor, sind ACE-Hemmer und Angiotensinrezeptorblocker zu bevorzugen, insbesondere bei gleichzeitiger Albuminurie und/oder KHK. In Bezug auf die medikamentöse Behandlung der manifesten Herzinsuffizienz (Stadien C und D) verweisen die Konsensusautoren auf die etablierten Leitlinien. Diese sehen einen Angiotensinrezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI), alternativ dazu auch einen ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptorblocker vor. Dazu kommen idealerweise ein Betablocker und ein Mineralokortikoidrezeptorantagonist.
Bei allen Menschen mit Diabetes mit symptomatischer Herzinsuffizienz gehört ein SGLT2-Hemmer in den Behandlungsplan. Ist die glykämische Kontrolle unzureichend, gibt man einen GLP1-Agonisten, Metformin oder beides hinzu, dann auch Insulin. DPP4-Inhibitoren oder Thiazolidindione werden für Diabetiker*innen mit Herzinsuffizienz nicht empfohlen. Grundsätzlich ist bei manifester Herzinsuffizienz oder hohem Risiko dafür ein kontinuierliches Glukosemonitoring anzuraten.
Literatur:
Pop-Busui R et al. Diabetes Care 2022; doi: 10.2337/dci22-0014
Dr. Angelika Bischoff