Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das die Wirtschaft in den Blick nimmt

SPD-Fraktion: Ernährungsarmut tangiert viele Politikbereiche

Berlin.  Die SPD-Bundestagsfraktion will Kinder vor schlechter Ernährung schützen. Ein entsprechendes Positionspapier wird von DDG Präsidentin Professor Dr. Monika Kellerer begrüßt. Die Sozialdemokraten fordern in dem Papier zum Thema Ernährungsarmut eine nachhaltigere Politik, „die Ernährung, Gesundheit, Umwelt und Sozia­les zusammendenkt“.

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„Wir wollen ein Gesamtkonzept, das auch die Wirtschaft in die Pflicht nimmt und Verbraucherinnen und Verbraucher endlich nicht mehr allein lässt mit der Verantwortung für eine gesunde Ernährung“, betont die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, ­Ursula Schulte, gegenüber der diabetes zeitung. Ernährungsarmut sei ein Thema, das viele Politikbereiche tangiere. Es gehe um sozio-ökonomische Fragen. Ebenso stünden psychologische, kulturelle und mi­grationspolitische Aspekte im Fokus. Dementsprechend komplex gestalte sich auch der Veränderungsprozess.

Wie die Politikerin weiter ausführt, sind einige Maßnahmen gegen Ernährungsarmut schon umgesetzt, beispielsweise die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags für Familien mit geringem Einkommen sowie die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe. „In einem nächsten Schritt würden wir gerne in Kitas und Schulen das kostenlose Mittagessen nach Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung einführen“, so Schulz. Das baue auch Diskriminierungen ab.

Beim Essen in Kitas und Schulen anfangen
Eine Ernährung, die derzeit häufig zu wenige wichtige Nährstoffe wie etwa Vitamine, aber zu viel Zucker und ungesunde Fette enthalte, könne insbesondere in den ersten Lebensjahren starke negative Einflüsse auf die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder haben, heißt es im Papier. Die Sozialdemokraten zielen deshalb „auf eine Veränderung der Verhältnisse, auf Ernährungsumgebungen, die es für alle erleichtern, sich ausgewogen zu ernähren und ein gesundes Leben zu führen“. In Kitas und Schulen sei anzufangen.

Als Ziele werden weiterhin genannt:

  • Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Produkte. Eine 2017 im Auftrag der AOK erstellte Studie zeige, dass über 60 % der Webseiten für Lebensmittel Elemente beinhalten, die Kinder gezielt zum Konsum animieren – darunter auch Seiten von Unternehmen, die sich eigentlich verpflichtet hatten, auf Kindermarketing zu verzichten.
  • Verzicht auf Platzierung von Süßigkeiten auf Kinderaugenhöhe vor Supermarktkassen.

Die Bundestagsfraktion strebt zudem eine stärkere Förderung der Ernährungskompetenz in der Aus- und Weiterbildung von Ärzten an – insbesondere jener für Kinder- und Jugendmediziner. Vergütungsanreize sollen helfen, dieses Wissen im Praxis­alltag zu vermitteln. Bei Apothekern, medizinischem Personal, Köchen und Erziehern sollte das Fachwissen über Ernährung ebenfalls einen Schwerpunkt bilden. „Ernährungsarmut und wie wir sie beseitigen können ist ein ur-sozialdemokratisches Thema!“, erklärt Schulte.

Die Maßnahmen müssen Menschen im Alltag erreichen
 „Ungesunde Ernährung und Übergewicht trifft ärmere Kinder deutlich häufiger – damit dürfen wir uns als Gesellschaft nicht abfinden“, bekräftigt DDG Präsidentin Professor Dr. Monika Kellerer den SPD-Vorstoß. Es sei deshalb richtig, dass die Politik hier für mehr Chancengleichheit aktiv werde. „Wichtig sind bevölkerungsweite Maßnahmen, die alle Menschen im Alltag erreichen.“

Cornelia Kolbeck