Etablierte Substanz in neuer Verpackung

Der Weg zu inkretinbasierten Medikamenten in Tablettenform birgt Hürden

Düsseldorf. Sie gilt als der heilige Gral der modernen Pharmakotherapie: die orale Formulierung peptidbasierter Medikamente wie GLP1-Rezeptor­agonisten (GLP1-RA). Herausforderung ist es, die niedrige Bioverfügbarkeit solcher Substanzen zu überwinden. Das funktioniert mittlerweile – auch wenn der Einnahmemodus nicht ganz einfach ist.

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Peptidbasierte Wirkstoffe werden im Magen bei niedrigem ph-Wert durch proteolytische Enzyme zersetzt und permeieren zudem nur schlecht über das gastrointestinale Epithel hinweg in den Körper. GLP1-RA alleine haben oral gegeben entsprechend eine sehr niedrige Bioverfügbarkeit von unter 0,01 %, erläuterte Professor Dr.  Thomas R. Pieber von der Universität Graz.

Als erster GLP1-RA wurde Semaglutid für die orale Applikation entwickelt. Die orale Formulierung enthält 300 mg des Absorptionsenhancers SNAC, ein kurzkettiges Fettsäurederivat, das durch einen lokalen ph-Wert-Anstieg dem proteo­lytischen Abbau entgegen wirkt, die Löslichkeit von Semaglutid steigert und lokal eine Absorption über das Magenepithel ermöglicht. „In der Koformulierung mit SNAC steigt die Semaglutid-Absorption auf 1 % – der Rest wird im Magen-Darm-Trakt abgebaut“, berichtete Prof. Pieber. Da eine renale und hepatische Elimination keine bedeutende Rolle spielt, ist auch bei eingeschränkter Nieren- und Leberfunktion keine Dosisanpassung erforderlich.

Was bei der Einnahme zu beachten ist
Ganz einfach ist der optimale Einnahmemodus für orales Semaglutid trotzdem nicht: „Eine Nahrungsaufnahme vor und eine hohe Wasseraufnahme mit der Tabletteneinnahme verschlechtern die Semaglutid-Exposition ebenso wie eine Nahrungsaufnahme kurz nach der Tabletteneinnahme“, gab der Experte zu bedenken. Die gleichzeitige Einnahme von Omeprazol stört die Aufnahme von Semaglutid dagegen nicht. Wechselwirkungen wurden hingegen bei einer Komedikation von Semaglutid oral und Levothyroxin beobachtet: Der Levothyroxinspiegel stieg dann um 33 % an. „Daher sollte bei Beginn der Einnahme von oralem Semaglutid bei dieser Komedikation ein Monitoring der Schilddrüsenfunktionsparameter erfolgen“, empfahl Prof. Pieber.

Weitere orale Formulierungen sind in der Entwicklung
Das Studienprogramm PIONEER konnte inzwischen einen konsistenten und dosisabhängigen Effekt von oralem Semaglutid auf HbA1c und Körpergewicht von Patienten mit Typ-2-Diabetes zeigen, berichtete er. Für die Wirkung entscheidend ist der erreichte Wirkspiegel im Körper, dann entspricht der Effekt dem von subkutan verabreichtem Semaglutid.

In der PIONEER-6-Studie war orales Semaglutid zur Therapie von Patienten mit Typ-2-Diabetes hinsichtlich der wesentlichen kardiovaskulären Endpunkte kardiovaskulärer Tod, nicht-tödlicher Herzinfarkt und nicht-tödlicher Schlaganfall (MACE) einer Placebo-Gruppe nicht unterlegen.1 Die randomisierte Doppelblind-Studie SOUL prüft derzeit in einer größeren Patientenpopulation, ob orales Semaglutid das MACE-Risiko gegenüber Placebo auch si­gnifikant senken kann. Prof. Pieber hofft, dass die Ergebnisse 2023 oder 2024 vorliegen werden. Derweil ist eine Reihe weiterer oraler GLP1-RA in Entwicklung, beispielsweise Danuglipron (PF-06882961), ein orales „Small Molecule“, das derzeit in verschiedenen Phase-1-Studien klinisch geprüft wird.

Friederike Klein

1. Husain M et al. N Engl J Med 2019; 381: 841-851; doi: 10.1056/NEJMoa1901118

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