Priorisierung: Diese Werte stehen ganz oben
KÖLN. Eine aktuelle Studie zeigt, welche Informationen Menschen mit Typ-1-Diabetes für ihre alltäglichen Therapieentscheidungen heranziehen und welche digitalen Tools sie nutzen. Der Studie liegt eine Umfrage mit über 1.000 Teilnehmenden zugrunde.
Anfang Oktober 2022 wandte sich Professor Dr. Matthias Fank, der an der TH Köln zu strategischem Informationsmanagement forscht und selbst Typ-1-Diabetes hat, mit einer Umfrage an die Diabetes-Community. Er interessierte sich für das Informationsverhalten von Menschen mit Typ-1-Diabetes, denn schließlich stehen ihnen immer mehr Daten zur Verfügung. Doch anhand welcher Parameter wird tatsächlich im Alltag entschieden, wie viel Insulin zu spritzen ist, wie viele Kohlenhydrate vor dem Sport nötig sind oder ab welchem Wert ein Korrekturbolus angezeigt ist?
Es gibt nicht nur einen Entscheidungsparameter
Ein Element der Befragung war die Priorisierung der Informationen. Für die allermeisten (67,5 %) aller Befragten ist danach der aktuelle Glukosewert wichtigster Entscheidungsparameter. Die Zeit im Zielbereich (TiR) ist für 8,2 % die zentrale Information. Parameter wie die Glukoseverlaufskurve (7,2 %), HbA1c-Wert (7,2 %), Trendpfeil (6,8 %) und das noch wirksame Insulin im Körper (Insulin on Board, IOB), die in der Regel nur Pumpenträger*innen zur Verfügung steht (1,3 %), sind nur für eine Minderheit die allerwichtigste Information.
Zweitwichtigster Parameter ist der Trendpfeil, an dem sich 38,2 % direkt nach dem aktuellen Glukosewert orientieren. Die Glukoseverlaufskurve wiederum ist für 20,8 % zweitwichtigster Entscheidungsparameter. Aktueller Wert (13,7 %), IOB (8,8 %), TiR (8,4 %) und HbA1c (7,1 %) stehen nur für sehr wenige der Befragten an zweiter Stelle ihrer Entscheidungsmatrix. Dritte Priorität hat für 27,9 % die Verlaufskurve, gefolgt von IOB (21,8 %), Trendpfeil (17 %), TiR (12,3 %), HbA1c (9 %) und aktuellem Wert (7,3 %). Daraus ergibt sich, dass langfristige Parameter wie TiR und HbA1c im Alltag für akute Entscheidungen keine nennenswerte Rolle spielen, sondern zur allgemeinen und nachträglichen Steuerung genutzt werden.
Beim Essen siegt die Erfahrung über Wiegen und Berechnen
Aufschlussreich sind auch die Daten zum Ernährungsverhalten im Zusammenspiel mit diabetesassoziierten Informationen. So verlassen sich gut drei Viertel aller Befragten beim Schätzen der Kohlenhydrate überwiegend auf ihre Erfahrung – und nicht etwa auf exaktes Wiegen und Berechnen, wie es in Schulungen vermittelt wird. In der Frage, ob sie ihre Ernährung an den Diabetes anpassen, ergab sich dagegen ein uneinheitliches Bild. Allerdings schätzen Personen, die ihre Ernährung stärker an den Diabetes anpassen, ihre Stoffwechsellage eher als stabil ein – wohingegen Personen, die ihre Stoffwechsellage eher als instabil bezeichnen, weniger feste Essgewohnheiten haben.
Welchen Stellenwert haben Termine in der Diabetespraxis? Was stört die Befragten an Diabetes-Apps? Darüber mehr in der Ausgabe 5/2023 der diabetes zeitung.
Antje Thiel