Eltern frühzeitig aufklären!
Berlin. Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 hat sich die Zahl der Kinder mit einer diabetischen Ketoazidose verdoppelt. Um das Risiko für diese gefährliche Stoffwechselentgleisung zu senken, nimmt die AG Pädiatrische Diabetologie der DDG gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte die Pädiater nun stärker in die Pflicht.
Unbestritten leiden Kinder mit am stärksten unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie. In einer Phase des Lebens, in der es wie kaum sonst auf sichere Bindungen und verlässliche Strukturen ankommt, wirken sich Homeschooling, Kontaktbeschränkungen und fehlende Freizeitaktivitäten gravierend auf die Entwicklung aus. Als wäre dies nicht genug, erschien kürzlich eine Studie, laut derer sich die Zahl der Kinder mit diabetischer Ketoazidose (DKA) aufgrund eines unentdeckten Diabetes zwischen März und Mai 2020 im Vergleich zu den beiden Vorjahreszeiträumen verdoppelt hat.1 Von den 532 eingeschlossenen Kindern mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes wies nahezu die Hälfte die schwere Stoffwechselentgleisung auf. Besonders gravierend dabei: Etwa jede zweite DKA betraf Kinder unter sechs Jahren.
Eltern sollen die Symptome bei ihren Kindern erkennen
Um diese Rate und damit die Gefahren eines unentdeckten Typ-1-Diabetes zu senken, startet die AG Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der DDG zusammen mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) eine Aufklärungskampagne. „Ziel ist es, verstärkt die Eltern mit den Warnzeichen und Symptomen einer Ketoazidose bei Kindern zu sensibilisieren“, sagt Dr. Martin Holder von der AGPD. Eine besondere Rolle nehmen dabei die Pädiater ein. Sie sollen den Eltern künftig in jeder U6- und U7a-Vorsorgeuntersuchung die vier Red Flags des Typ-1-Diabetes erklären:
- ständiger Durst
- Gewichtsabnahme
- häufiges Wasserlassen
- permanente Müdigkeit
Während der Pandemie kommt es verstärkt auf die Eltern an, auf diese Warnzeichen bei ihren Kindern zu achten. „Ein Grund für den sprunghaften Anstieg der DKA-Zahlen könnte die Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 sein, weshalb viele den Besuch beim Kinderarzt scheuen“, erklärt AGPD-Sprecher Privatdozent Dr. Thomas Kapellen. Übelkeit und Erbrechen, eine schnelle Atmung sowie ein säuerlicher Acetongeruch aus dem Atem der Kinder deuten auf die diabetische Ketoazidose hin. Nehmen Eltern die letztgenannten Symptome wahr, sollten sie sofort einen Rettungswagen rufen, da den Kindern im weiteren Verlauf ein diabetisches Koma droht.
Informationsmaterial für zu Hause
„Bleibt die Stoffwechselentgleisung unbehandelt, können die Kinder im schlimmsten Fall sterben“, mahnt der Vizepräsident der DDG, Professor Dr. Andreas Neu. Doch auch die anderen Gefahren eines unerkannten Diabetes Typ 1 dürfen keinesfalls heruntergespielt werden, so können als Spätfolgen kognitive Defizite in der Kindesentwicklung drohen.
Als zusätzliche Hilfe sollen Pädiater den Eltern einen Flyer (siehe Abbildung) mit den wichtigsten Informationen zum Diabetes mellitus mitgeben. Die Aussendung von 150 Flyern an jedes niedergelassene BVKJ-Mitglied erfolgte bereits im Januar 2021.
Maria Fett
1. Kamrath C et al. JAMA 2020; 324: 801-804; doi: 10.1001/jama.2020.13445
Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft
Weitere Informationen zu der Kampagne finden Sie auf der Webseite der AGPD:
www.diabetes-kinder.de