Leber fett – Zucker hoch
HAMBURG. Ein wachsendes Verständnis gemeinsamer Ursachen und pathophysiologischer Zusammenhänge zwischen Fettleberkrankung und Typ-2-Diabetes könnte neue Therapieansätze eröffnen.
In Europa weisen 23,7 % der Menschen eine Lebersteatose (engl. steatotic liver disease, SLD) auf – Tendenz steigend. Zu dieser Entwicklung tragen die Zunahme von Adipositas, Metabolischem Syndrom und Diabetes sowie der Alkoholkonsum bei. Innerhalb der Gruppe der Menschen mit Typ-2-Diabetes ist der Anteil mit SLD mit 68 % noch viel höher, berichtete Professor Dr. Luca Valenti, Abteilung für Pathophysiologie und Transplantation der Universitätsklinik Mailand. Die enge Assoziation von kardiometabolischen Erkrankungen und SLD hat sich niedergeschlagen in der neuen Nomenklatur der SLD (s. Kasten). Zu 90–98 % überlappen sich die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) und die neu definierte mit einer metabolischen Dysfunktion assoziierte Fettlebererkrankung (MASLD), erläuterte er.
Bei SLD spielt die Insulinresistenz eine große Rolle
Die Klassifizierung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass SLD extrem heterogen sind und sich z.B. je nach Alter, Geschlecht, hormonellem Status, Mikrobiom, metabolischen Faktoren, körperlicher Aktivität und auch Genetik und Epigenetik unterscheiden können. Eine wichtige Rolle in der Entwicklung einer SLD spielt die Insulinresistenz, ist Prof. Valenti überzeugt. Eine milde Steatose entsteht häufig vor dem Hintergrund einer genetischen Prädisposition zusammen mit Lebensstilfaktoren und Insulinresistenz. Die Insulinresistenz ist aber auch ein wesentlicher Risikofaktor für den Progress der SLD und geht mit einem hohen Risiko für eine schwere Leberfibrose einer.
Prof. Valenti glaubt, dass der Anteil von Menschen mit Typ-2-Diabetes und fortgeschrittener Fettlebererkrankung häufig unterschätzt wird. Eine Metaanalyse gibt für Menschen mit Typ-2-Diabetes eine Prävalenz einer NAFLD mit 65 % an. Bei Typ-2-Diabetes und NAFLD liegt die Prävalenz einer klinisch signifikanten Fibrose (F2–F4) bei 36 % und einer fortgeschrittenen Fibrose bei 15 % (F3–F4). Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer MASLD erleiden häufiger eine hepatische Dekompensation und ein hepatozelluläres Karzinom als jene mit MASLD ohne Typ-2-Diabetes.
Außerdem scheinen Genvarianten für das gleichzeitige Auftraten von SLD und Insulinresistenz/Typ-2-Diabetes verantwortlich zu sein. Dafür gibt es auch klinische Belege: Eine SLD geht nach einer Metaanalyse mit einem gut zweifach erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes einher. Prof. Valenti hält daher eine kausale Beziehung von SLD auf der einen und Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes auf der anderen Seite für sehr wahrscheinlich. Der Beitrag der Hyperglykämie zur SLD ist dagegen noch wenig untersucht. Für die Zukunft hofft Prof. Valenti, dass die in Entwicklung befindliche SLD-Therapien auch einen günstigen Effekt auf Typ-2-Diabetes haben könnten.
Friederike Klein
EASD-Kongress 2023