Kaum Interesse am Diabetischen Fuß
BERLIN. Lässt sich die Fußamputation doch verhindern? Für planbare Eingriffe können sich Patient*innen eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen. Wie viele Zweitmeinende aus welchen Arztgruppen diese Leistung für welche geplanten Eingriffe anbieten, zeigt ein aktueller KBV-Bericht, den der G-BA veröffentlicht hat.
Bei den Eingriffsthemen weit abgeschlagen lag hier die Amputation beim Diabetischen Fußsyndrom (DFS) – nur 63 Ärzt*innen ließen sich hierfür registrieren. Zu finden sind diese Ärztinnen und Ärzte unter www.116117.de/zweitmeinung. Wie viele Anfragen über das offizielle Portal eingegangen sind, wird im KBV-Bericht nicht angegeben.
„Aus eigener Erfahrung kann ich allerdings berichten, dass sich Patient*innen und/oder Angehörige auch direkt bei Ärztlichen Leiter*innen von Fußbehandlungseinrichtungen der DDG melden und um deren Bewertung im Sinne einer Zweitmeinung bitten. Dies passiert sicher landauf und landab allenthalben vielfach – und diese Fälle werden nicht systematisch erfasst“, sagt Dr. Michael Eckhard, Sprecher der AG Diabetischer Fuß in der DDG.
„Jetzt anrufen und Amputation verhindern!“
Die AG hat die Kampagne „Amputation – nein danke!“ an den Start gebracht. Unter der Hotline-Nummer 01803/123406 können sich Patient*innen, die vor einem solchen Eingriff stehen, oder auch deren Angehörige montags bis freitags zwischen 8 und 18 Uhr einen guten Rat holen. Ans Telefon gehen hier keine Ärzt*innen, sondern geschulte Mitarbeiter*innen.
Ein typisches Beispiel: „Mein Mann liegt im Krankenhaus, ihm muss ein Fuß amputiert werden. Er hat Diabetes. Es ist schrecklich.“ Die Ehefrau eines über 70-jährigen Mannes mit Typ-2-Diabetes sucht verzweifelt nach einem Arzt oder einer Ärztin für eine Zweitmeinung und hofft, dass das Schlimmste verhindert werden kann. Die Stimme des Mitarbeiters klingt sympathisch, wirkt beruhigend. Er fragt die Fakten ab, z.B. die Postleitzahl. In Berlin kann er ihr gleich vier Praxen nennen; geduldig gibt er die Namen durch: Diabetologie am Ostkreuz, Diabetespraxis Prenzlauer Berg, Diabeteszentrum am Sophie-Charlotte-Platz und Diabetologische Schwerpunktpraxis am Ku‘damm. „Rufen Sie dort an, im Zweifelsfall kommt der Arzt auch zu Ihrem Mann ins Krankenhaus oder kennt eine Vertrauensperson, die das übernimmt“, erklärt er. Ob viele Menschen bei ihm anrufen, möchte die Angehörige noch wissen. „Anfangs war es relativ ruhig“, erklärt er, inzwischen werde die Hotline aber angenommen.
Insgesamt sei die Zahl der Zweitmeinenden für Amputationen beim DFS weiter niedrig, erklärt Dr. Eckhard. Als Hauptfaktor vermutet er die Hürden bei der Beantragung. „Während die Forderung des Nachweises einer Fachkompetenz in der Behandlung von Menschen mit DFS zur Sicherstellung einer kompetenten Zweitmeinung zweifellos nachvollziehbar ist und im Einklang mit den Forderungen der AG Diabetischer Fuß steht, ist nicht zwingend nachzuvollziehen, warum eine bestehende Weiterbildungsbefugnis durch die jeweilige Landesärztekammer nachgewiesen werden muss“, kritisiert er. Einige Kolleg*innen würden womöglich auch die mehr als 400 Euro abschrecken, die für die Antragstellung zu zahlen sind.
„Eines dürfte auf jeden Fall klar sein: Die Befugnis als Zweitmeinungsgeber beantragt niemand aus finanziellen Interessen“, betont Fußexperte Dr. Eckhard.
Informationsportal zu „Amputation – nein danke!“ Wer sich als Betroffene*r, Angehörige*r oder als Behandlungsteam über das Zweitmeinungsverfahren informieren möchte, findet auf dem Portal amputation-nein-danke.de
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Angela Monecke